Hilfe beim Übergang von Schule in Ausbildung und Beruf
HNA-Artikel vom 23.09.2022 von Hanna Maiterth
Kreis Kassel – Der Wechsel von Schule in Ausbildung und Beruf ist eine Herausforderung. Sind die jungen Menschen alleine oder mit ihrer Familie aus einem anderen Land und Kulturkreis zugewandert, stehen sie vor besonderen Schwierigkeiten. Was eine helfende Hand und Unterstützung dann bewirken können, zeigt das „Berufs-Paten-Projekt“. Hier unterstützen ehrenamtliche Paten junge Menschen bei ihrem Weg in den Beruf.
Gefördert wird das Projekt, das es seit zehn Jahren gibt, vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Die Koordinierung liegt in den Händen der Arbeitsförderungsgesellschaft im Landkreis Kassel (AGiL). Berufsschulen in Stadt und Landkreis Kassel unterstützen das Projekt ebenso wie die Landkreisverwaltung selbst. Neben Patenschaften werden auch Bewerbungstrainings in Schulen angeboten.
Als Minderjähriger aus Somalia geflohen, landetet der inzwischen 25-jährige Abdi nach einer Odyssee vor acht Jahren in Deutschland. Abdifatah Al Dirir, wie er richtig heißt, kam ohne Familie. Inzwischen hat er seine Mittlere Reife, eine Berufsausbildung als Maschinen- und Anlagenführer und arbeitet bei Mercedes Benz in Kassel. Der Weg dorthin war jedoch geprägt von Rückschlägen und Herausforderungen. „Ich habe mir immer selbst gesagt: Schritt für Schritt. Und: Ohne Fleiß kein Preis“, erzählt der junge Mann mit einem breiten Lächeln. Auf seinem Weg wurde er begleitet von Wolfgang Müller. Der 74-Jährige hat vor der Rente als Bankkaufmann gearbeitet. Der dreifache Vater und vierfache Großvater war Ausbilder und hatte über die Sparkassenakademie immer viel mit jungen Menschen zu tun. Seit sieben Jahren sind die beiden Männer ein Team. Die Erfolge des 25-Jährigen bedeuten seinem Paten mindestens genau so viel. „Er hat sich super geschlagen.“
Die 23-jährige Reme Alshikh Asad kommt aus Syrien. 2012 floh sie mit ihrer Familie. Vier Jahre lebten sie in Ägypten. Dann kamen sie über die Türkei nach Deutschland. Zwar hatte Reme bereits ihr Abitur in Ägypten gemacht, doch hier wurde es nicht anerkannt. Also drückte sie erneut die Schulbank: Hauptschule, Realschule, die schulische Ausbildung zur kaufmännischen Assistentin. Zuletzt stand das Fachabitur an. Wirtschaft und Verwaltung. Es war ein Punkt gekommen, da brauchte die junge Frau Unterstützung beim Lernen. Die 25-jährige Masterstudentin Kristina Thomsen wurde Anfang 2022 zu ihrer Tandempartnerin. Es war ein schneller Erfolg für die beiden Frauen. Denn im Herbst wird Reme Alshikh Asad nun ihr Wirtschaftsstudium an der Universität Kassel beginnen. Auch wenn das Ziel schon erreicht ist, die beiden Frauen treffen sich immer noch gerne auf einen Kaffee. „Es ist viel Wert, jemanden an seiner Seite zu haben, der sich auskennt“, blickt Alshikh Asad auf die vergangenen Monate zurück.
Dass nicht nur die Schützlinge von dem Patenprojekt profitieren, betonen Müller und Thomsen. „Es bereichert mich auch“, sagt der 74-Jährige, der inzwischen auch einen Freund von Al Dirir unter seine Fittiche genommen hat. Aktuell hat das Projekt 44 Berufspaten, berichtet Brigitte Vogler, Projektkoordinatorin bei AGiL. Es sind Frauen und Männer verschiedenen Alters und aus unterschiedlichen Berufsgruppen. Doch gesucht werden immer wieder neue Paten. „Der Bedarf ist da.“ Die ehrenamtlichen Paten bekommen Schulungen, es gibt Möglichkeiten des Austausches und auch Vogler stehe jederzeit bei Fragen und Problemen bereit. Wer ist geeignet als Pate? „Eigentlich jeder, der offen für die Lebenswelt von jungen Menschen ist und sich mindestens drei bis vier Stunden im Monat Zeit nehmen kann“, so Vogler. Es gehe darum, mit den Schützlingen etwas zu erreichen und sie auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit zu begleiten.
Weitere Informationen zu dem Berufs-Paten-Projekt unter landkreiskassel.de/berufspatenprojekt. Die Anmeldung als Pate und für Jugendliche ist bei Projektkoordinatorin Brigitte Vogler unter Tel. 05 61/10 03 12 75 und per E-Mail an berufspatenprojektlandkreiskasselde möglich.