Landkreis Kassel. "Erst ungläubiges Staunen, dann ein Lächeln und Daumen hoch - viele Bürger haben auf das Fahrzeug sehr positiv reagiert", berichtet Müllwagenfahrer Jörg Reuse nach Rückkehr von einer eintägigen Testfahrt mit einem elektrisch angetriebenen Sammelfahrzeug. Fast geräuschlos bewegt sich der schwere Lastkraftwagen auf der Straße. "Das ist angenehm für die Anwohner, aber auch für uns", sagt Reuse. "Es war eine sehr entspannte Fahrt und ich konnte mich sogar mit dem Kollegen hinten auf dem Fahrzeug ohne zu schreien unterhalten." Dabei war Reuse am Morgen noch skeptisch: Wird die Batterie des voll beladen bis zu 27 Tonnen schweren und von 680 PS angetriebenen Fahrzeugs die etwa 80 Kilometer lange Tour vom Entsorgungszentrum in Hofgeismar nach und durch Vellmar und zurück durchhalten? "Hat sie", sagt Reuse, "und war sogar noch halbvoll."
Hergestellt und angeboten wird das E-Sammelfahrzeug von der Firma Designwerk Products AG aus der Schweiz. Und Andreas Schimanski, verantwortlich für das Europageschäft, ist damit zurzeit auf Deutschlandtour, um Testfahrten anzubieten. Doch auch er hat den Wagen nur ausgeliehen. "Denn eigentlich gehört der Müllwagen den Stadtwerken in Thun im Berner Oberland", berichtet Schimanski. "Dort ist er seit eineinhalb Jahren im Dauereinsatz und hat 25.000 Kilometer ohne Probleme abgespult." Weitere fünf E-Sammelfahrzeuge sind derzeit in der Schweiz im Einsatz. Weitere sechs sollen in diesem Jahr dazu kommen. Kommendes Jahr plant die Firma sogar 50 Fahrzeuge zu verkaufen. Gerne auch nach Deutschland.
Allerdings hat die Elektromobilität ihren Preis. Rund 500.000 Euro kostet ein "Futuricum 26E". Ein vergleichbares Sammelfahrzeug mit Dieselmotor kostet nur rund 200.000 Euro. Der hohe Preis werde jedoch relativiert, wenn man einrechnet, dass in zehn Jahren etwa 175.000 Euro an Kraftstoffkosten eingespart werden können, so Schimanski.
"E-Mobilität ist für die Abfallentsorgung im Landkreis Kassel kein Fremdwort", betont Uwe Pietsch, Leiter des Eigenbetriebes. "Bereits heute sind bei uns zwei Pkws mit elektrischem Antrieb und zwei E-Scooter im Einsatz." Bald soll noch ein elektrisch betriebener Bagger hinzukommen. "Unser Vorteil ist, dass wir mit unserer Photovoltaikanlage im Entsorgungszentrum mehr Öko-Strom produzieren, als wir selbst verbrauchen", betont Pietsch. Auch sein Fazit zum Testeinsatz des E-Sammelfahrzeugs fällt positiv aus: "Wir werden uns ein Angebot machen lassen und dieses dann sehr ernsthaft prüfen", verspricht Pietsch abschließend.