„Orte der Begegnung sind wichtig“

Kristine Bilkau las in Helsa aus ihrem neuen Roman „Nebenan“, der die Frage des sozialen Miteinanders im ländlichen Raum beleuchtet

In der Pause ihrer Lesung in Helsa signierte Kristine Bilkau auf Wunsch ihre Bücher.

Helsa. „Wie gut musste man einen Menschen kennen, um etwas zu bemerken, um sicher sein zu können, dass etwas nicht stimmte?“ Oder: „Wie nah musste man einem Menschen sein, um aus einem Verdacht heraus eine Frage stellen zu können, ohne neugierig oder aufdringlich zu wirken?“ Die Schriftstellerin Kristine Bilkau wirft in ihrem neuen Roman „Nebenan“ Fragen auf, die das soziale Miteinander beleuchten. Gibt es noch stabile Beziehungen? Wissen wir wer unsere Nachbarn sind? Wo treffen sich Menschen, wenn die Ortskerne verwaist sind? Woher kommt dieses diffuse Unwohlsein?

Mehrere Kapitel aus ihrem für den Deutschen Buchpreis 2022 nominierten Buch trug die Autorin am Donnerstagabend bei ihrer Lesung in Helsa vor. Führte dabei immer wieder in die Handlung ein, erklärte Hintergründe ihrer Romanfiguren und beantwortete abschließend Fragen aus dem Publikum. Sehr zur Freude der rund 30 Literaturfans, die zu der vom Landkreis Kassel organisierten Lesung in den historischen "König von Preußen“ gekommen waren. Ein gut gewählter Ort, so Bilkau, die in dem von Ehrenamtlichen im Verein für Denkmalpflege Helsa restaurierten und betriebenen Gasthaus durchaus Verbindungslinien zu ihrem Roman erkannte.

„Orte der Begegnung sind sehr wichtig“, so die heute mit ihrer Familie in Hamburg lebende, aber in einer Kleinstadt aufgewachsene Autorin. Sie selbst erinnere sich an die Stadtbibliothek, die Pommesbude, das Jugendhaus aus ihrer Jugend. Und auch an viele Geschäfte, die es in den verwaisten Innenstädten ländlicher Regionen oft nicht mehr gebe. Und das liege nicht an der Konkurrenz durch den Online-Handel, wie sie in Geschäftsinhabern bei der Recherche für „Nebenan“ erfahren habe, so Bilkau.  

Vizelandrätin Silke Engler lobte in ihrer kurzen Eröffnung der Lesung nicht nur die Autorin, sondern auch das Engagement der Mitglieder im "Verein für Denkmalpflege Helsa. „Jeder Zentimeter ist hier ein Zeugnis ehrenamtlicher Arbeit“, so Engler. Der Landkreis wolle, dass die Menschen überall gut leben können. Dazu gehöre auch „Kultur zum Anfassen“.

Beim abschließenden Gespräch aus dem Publikum auf die Bedeutung ihrer Nominierung für die Shortlist des Deutschen Buchpreises angesprochen, reagierte Bilkau schlagfertig: „Das bedeutet vor allem viele zusätzliche Termine“, erklärt sie lachend. Schon jetzt habe jeder der sechs Nominierten einen Terminplan für alle Fälle erhalten. 

Nächste Lesung:

Die kleine Reihe von Lesungen zum 50-jährigen Bestehen des Landkreises Kassel wird fortgesetzt. Am Donnerstag, den 27. Oktober ab 19.30 Uhr gastiert Christoph Peters in Trendelburg-Langenthal. Er liest im Gasthof Jägerhof aus seinem Buch „Dorfroman“, der den Mut und die Zerrissenheit der örtlichen Bevölkerung beim Widerstand gegen den Bau des „Schnellen Brüters“ in Kalkar spiegelt.